In Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung ist die Arbeitswelt kein Schutzraum mehr. Rechtsextreme und rassistische Einstellungen finden auch im beruflichen Alltag statt. Für Personalverantwortliche, HR-Manager und Personalberater stellt sich die Frage: Wie können Unternehmen eine offene, demokratische Unternehmenskultur stärken? Die Antwort liefert das Bundesprogramm „Unsere Arbeit: Unsere Vielfalt“ (BDK).
Warum Demokratiekompetenz jetzt Chefsache ist
Die Arbeitswelt ist mehr als ein Ort der Wertschöpfung. Sie ist sozialer Raum, Spiegel gesellschaftlicher Konflikte – und zunehmend auch Zielscheibe für rechtsextreme Einflussversuche. Studien wie die Leipziger Autoritarismus-Studie belegen: Gerade in strukturell unsicheren Branchen steigt die Anfälligkeit für autoritäre und diskriminierende Haltungen. Besonders betroffen: kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Berufsschulen.
Hier setzt das Bundesprogramm BDK an. Es förderte zwischen 2021 und 2024 insgesamt 34 Projekte, die Demokratiekompetenz im Betrieb stärken sollten. Ziel: Mitarbeitende und Betriebe befähigen, sich aktiv gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Verschwörungserzählungen zu wehren.
Was bedeutet „betriebliche Demokratiekompetenz“?
Demokratiekompetenz meint die Fähigkeit, demokratische Werte zu erkennen, zu vertreten und im Alltag zu leben. Im betrieblichen Kontext bedeutet das konkret:
- Diskriminierung erkennen und benennen
- Vielfalt als Ressource verstehen
- Konflikte gewaltfrei lösen
- Mitbestimmung nutzen und fördern
Das BDK-Programm zeigt: Es reicht nicht, abstrakte Werte zu predigen. Vielmehr müssen sie in die konkrete Arbeitsrealität übersetzt werden – etwa durch Workshops, Coaching oder gezielte Kommunikation.
Best Practices: Was funktioniert wirklich?
Aus der Evaluation des Programms lassen sich zentrale Erfolgsfaktoren ableiten:
- Workshops mit Realitätsbezug: Begriffe wie "Antisemitismus" oder "Diskriminierung" werden nicht abstrakt, sondern alltagsnah vermittelt. Ziel ist es, Reflexionsprozesse auszulösen.
- Multiplikatorenstrategie: Besonders wirksam sind Ansätze, die Betriebsräte, Ausbilder oder Personalverantwortliche zu Multiplikatoren machen.
- Beratung statt Belehrung: Sensibilisierung gelingt besser durch Dialog als durch Frontalunterricht. Betriebliche Realitäten müssen respektiert werden.
- Flexible Formate: Ein- bis mehrtägige Schulungen, Inhouse-Trainings, digitale Formate – je nach Branche und Betrieb muss das Setting passen.
Was kann HR konkret tun?
Personalabteilungen und Beraterinnen und Berater spielen eine Schlüsselrolle:
- Frühwarnsystem aufbauen: Beschwerden über diskriminierendes Verhalten ernst nehmen und systematisch erfassen.
- Demokratie in die Unternehmenskultur übersetzen: Leitbilder, Fortbildungen, Werte-Workshops implementieren.
- Führungskräfte qualifizieren: Haltung beginnt an der Spitze. Schulungen zur Vorbildrolle von Führungspersonen sind essenziell.
- Kooperation mit externen Fachstellen: Es gibt zahlreiche Beratungsangebote, die Unternehmen unterstützen – vom DGB bis zu zivilgesellschaftlichen Trägern.
Fazit: Demokratieförderung ist wirtschaftliche Zukunftssicherung
Eine starke demokratische Kultur im Unternehmen schafft nicht nur ein gutes Betriebsklima, sondern auch Resilienz gegen Spaltung, Hass und Manipulation. Wer heute in Demokratiekompetenz investiert, sichert langfristig die Innovationskraft und Attraktivität seines Unternehmens.